Gebrauchtwagenkauf


Im September letzten Jahres, also drei Monate nach dem Umzug ins Dorf, haben wir uns einen Zweitwagen gekauft. Im Sommer ist es ein paar Mal vorgekommen dass Marvin das Haus mit dem Auto verlassen hat und Katharina in Sandhult fest hing. Wir brauchen den Zweitwagen jetzt noch nicht richtig, und wer weiß wann wir ihn brauchen werden (im September dachten wir noch, dass es bald soweit sein könnte), aber der Post soll jetzt mal nicht von der Pandemie handeln sondern von unserem Autokauf.

Das Auto sollte jedenfalls gebraucht sein, möglichst sicher und zuverlässig und vorne einen abschaltbaren Airbag haben, damit unsere Tochter vorne und rückwärtsgerichtet neben dem Fahrer (meist Katharina) sitzen kann. Katharina wollte ansonsten noch gerne ein farbiges Auto, andere Vorgaben gab es nicht. Damit hat sich Marvin dann auf die Suche gemacht, das “Suchen” ist sein Spezialgebiet! 😉

Gebrauchte Autos kauft man hier in Schweden vor allem über das Kleinanzeigenportal Blocket. Die Suchfunktion ist nicht ideal und es gibt alternative Seiten, die sich auf Autos spezialisiert haben z.B. Bytbil oder Wayke. Man kann davon ausgehen, dass alle Autos die bei Bytbil oder Wayke zu finden sind auch bei Blocket auftauchen, umgekehrt aber nicht. Bei Blocket sind also nicht nur private Verkäufer zu finden, sondern auch Autohäuser oder Gebrauchtwagenhändler. Wie in Deutschland kosten die Autos beim Händler mehr als bei privaten Verkäufern, dafür hat man durch die Gewährleistungen des Händlers mehr Sicherheit. Vor allem gilt hier das “konsumentköplagen”, frei übersetzt das Verbraucherschutzgesetz. Das verpflichtet den Verkäufer dazu eine detaillierte Beschreibung des Autos zu erstellen, die “Varudeklaration”, und 3 Jahre lang die Verantwortung für Probleme zu übernehmen die schon beim Kauf bestanden, aber nicht beschrieben wurden. Das ist für den Käufer natürlich nicht immer einfach zu beweisen, für die ersten 6 Monate muss man das aber gar nicht. Fehler die in den ersten 6 Monate auftreten werden als beim Kauf vorhanden angesehen und der Händler ist in der Regel zum Ersatz (im Normalfall Reparatur) verpflichtet. Darüberhinaus gibt es Gebrauchtwagengarantien, die eigentlich alle keinen guten Ruf haben…

Alle Infos über ein Auto (auch zum Beispiel das des Nachbarn 😉) findet man online wenn man das KFZ Kennzeichen eingibt. Zum Kennzeichen muss man hier sagen, dass es an das Fahrzeug und nicht, wie z.B. in Deutschland, an den Fahrer gebunden ist. Das Kennzeichen wird bei der Erstzulassung des Fahrzeugs zugewiesen und bleibt beim Verkauf immer erhalten. Daher bekommt man alle Infos über ein Fahrzeug schon alleine mit dem Kennzeichen. Entweder sucht man sich die Infos auf den behördlichen Seiten zusammen, oder man nutzt ganz einfach kostenlose Services wie beispielsweise Car.info die alle öffentlichen Infos sammeln. Hier gibt man das Kennzeichen ein und sieht vergangene Besichtigungstermine (TÜV), ob eine Nachbesichtigung nötig war sowie den Kilometerstand bei jedem Termin und eine ganze Menge anderer Infos. Beispielsweise die Anzahl der Vorbesitzer (und deren Wohnorte), ob ein Kredit auf dem Auto liegt, ob es geleased wird/wurde oder irgendwann als gestohlen galt. Gerade die Sache mit dem Kilometerstand macht den Gebrauchtwagenkauf unserer Meinung nach deutlich einfacher als in Deutschland, weil man praktisch keine Angst vor Tachomanipulation haben muss.

Man findet auch alle Infos über den exakten Fahrzeugtypen über das Kennzeichen raus, also Modellnummer, Baujahr, Motortyp und so weiter. Das kann man dann wiederum nutzen um Erfahrungswerte über ein Modell und dessen Motoralternativen zu sammeln. Das ganze geht sogar so weit, dass man beim Ersatzteilkauf online einfach das Kennzeichen eingeben kann und nur noch die passenden Ersatzteile sieht.

Marvin hatte also viel zum Durchsehen. Erst hat er sich für ein Modell entschieden, einen Hyundai i30 Kombi ab 2010 (Facelift) und dann sind wir uns ein schönes dunkelrotes Exemplar in Jönköping, etwa 1 Autostunde entfernt, ansehen gefahren. Auf den kamen wir, weil er damals mit 5 Jahren Garantie verkauft wurde (man kann also davon ausgehen dass er ordentlich gewartet wurde), der Motor als sehr zuverlässig gilt und das Preisleistungsverhältnis (Reparaturen mit eingerechnet) sehr gut ist. Neben den schon erwähnten Dingen war uns wichtig dass bei dem Auto Winterreifen mit Spikes dabei sind, “dubbdäck” heißen die hier und die sind gerade in Küstennähe sehr populär. Die Straßen werden zwar auch im Dorf geräumt, es kommt im Winter jedoch häufig vor, dass Regen auf gefrorene Straßen fällt. Bei unserem Erstauto haben wir “normale” Winterreifen (die heißen hier “friktionsdäck”), weil Spikes in Deutschland verboten sind. Unsere Nachbarin hat uns da eine lustige Geschichte erzählt davon dass sie mal Nachts im Winter die Spikes von Hand aus ihren Autoreifen ziehen musste um nach Deutschland einreisen zu dürfen, das wollen wir vermeiden. 😄 So haben wir dann ein Auto mit dem wir im Winter unsere Verwandten in Deutschland besuchen können und eins mit dem wir hier bei vereisten Straßen sicher fahren können.

Nach der ganzen Recherche haben wir uns das Auto also angesehen, probegefahren und gekauft. Die ca. 50.000 SEK haben wir mit dem Handy rübergeswished, das war ein eigenartiges Gefühl! Kleiner Tipp damit ihr nicht Geldlos beim Verkäufer dasteht: so hohe Beträge muss man in der Regel bei der Bank für einen bestimmten Tag freischalten.

Das Auto ist seitdem schnell zur Kinderkutsche geworden. Es läuft immer Rolf Zuckowski (fürs Kind!) und Windeln und Snacks zur Ablenkung liegen griffbereit. Bis das Kind vorne sitzen konnte mussten wir (natürlich) noch 2 Sitze kaufen, weil die alle immer was anderes können oder nicht können, aber jetzt funktioniert das Autofahren um einiges besser! Glücklicherweise, denn ohne Auto ist es schon schwierig hier auf dem Dorf.

Es lief also alles sehr gut und wir waren zufrieden, bis das Auto knapp 5 Monate nach dem Kauf schlimme Geräusche beim Lenken von sich gab. So schlimm, dass wir es so bald wie möglich zur Werkstatt gebracht haben. Das Autohaus, bei dem wir das Auto in Jönköping gekauft hatten, hat auch eine Filiale in Borås und hier haben wir das Auto hingebracht. Die Diagnose: Feder vom Stoßdämpfer defekt. Wir hatten zum Kauf eine einjährige Gebrauchtwagengarantie für das Auto bekommen, die sollte in diesem Fall natürlich nicht gelten. Es gab ein bisschen hin und her, aber schlussendlich hat das Autohaus in Jönköping die Kosten für die Reparatur in Borås übernommen. Wir sind also froh, dass wir bei einem Händler gekauft haben.

Und ihr? Womit fahrt ihr durch die Gegend und wie liefen eure Autokäufe ab? 😊

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