Personnummer, BankID, Auto ummelden und andere bürokratische Hürden
Als Auswanderer nach Schweden steht man anfangs vor folgendem Problem: man braucht eine Wohnung. Die überwiegend gesellschaftlichen Vermieter möchten aber eine schwedische Personnummer sehen bevor man überhaupt als potentieller Mieter angesehen wird. Eine Personnummer bekommt man wenn man in Schweden gemeldet ist und ratet mal was man braucht um sich zu melden? Einen Wohnsitz in Schweden, klar! 😃
Es gibt irgendwie keinen perfekten Weg dieses Problem zu lösen. Der lupenreine Weg wäre vermutlich mit unterschriebenen Arbeitsvertrag eine “Samordningsnummer” zu beantragen. Das ist eine Ordnungsnummer, die man vom schwedischen Finanzamt bekommt wenn man keine Personnummer hat und man bekommt sie ohne dauerhaften Wohnsitz in Schweden. Die meisten gesellschaftlichen Vermieter akzeptieren auch eine Samordningsnummer statt Personnummer. Das Problem ist, dass es genauso lange dauert eine Samordningsnummer zu bekommen wie eine Personnummer und dass man sie nicht selbst beantragen kann, sondern eine andere Behörde dies tun muss. Ich habe mehrfach mit dem Skatteverket (Finanzamt) und der Arbetsförmedling (Arbeitsamt) telefoniert, bis mir nahe gelegt wurde ich solle einfach eine Personnummer an einem vorläufigen Wohnsitz beantragen. Bei mir war dieser vorläufige Wohnsitz dann das Haus einer zukünftigen Arbeitskollegin, es könnte aber bspw. auch ein Airbnb sein wenn der Vermieter damit einverstanden ist (die Information wer wo gemeldet ist, ist öffentlich). So konnte ich dann im November die Personnummer beantragen und es sollte dann bis Mitte Januar dauern, dass ich sie bekomme (Weihnachten und Neujahr haben das denke ich etwas verlängert). Wie wir in der Zwischenzeit eine Wohnung für uns alle für die ersten Monate gefunden haben, haben wir in einem früheren Post beschrieben. Lobend muss ich erwähnen, dass wir Katharina und unser Kind schon im November voranmelden konnten, so dass sie sich ganz sauber erst im Januar mit dem eigentlichen Einzug melden konnten und dann die Personnummer in Rekordzeit von drei Tagen nach Anmeldung bekommen haben. 😊 Sobald man eine Personnummer beantragt hat gilt man als in Schweden gemeldet. Gerade wenn man Geld vom Staat wie etwa Elterngeld oder Kindergeld bekommt, sollte man sich möglichst erst dann in Schweden eine Personnummer besorgen, wenn man auch wirklich durchgehend dort wohnt. Mir wurde aber andererseits auch versichert, dass Schweden nicht mit Deutschland kommuniziert und mitteilt, dass man in Schweden gemeldet ist. Wir wollten da aber lieber auf der sicheren Seite sein und mussten dann ja im Endeffekt auch nicht lange warten.
Die Personnummer ist nicht nur für das Finden einer festen Bleibe essentiell, sie ist die Eintrittskarte um überhaupt am Leben in Schweden teilzunehmen. Es gibt zwar zum Beispiel EU Gesetze, die es jedem EU Bürger ermöglichen ein Konto in einem anderen EU Land zu eröffnen. Das bestätigen auch die schwedischen Banken. Wenn man dann aber das große Glück hat ohne Personnummer einen Termin zur Kontoeröffnung bei einer schwedischen Bank zu bekommen, füllt man ein paar Formulare aus und soll danach “ca. zwei Wochen” warten. “Ca. zwei Wochen” dauert dann aber zufälligerweise genauso lange wie der Zeitraum eine Personnummer zu bekommen, ich war also im November bei der Bank und bekam mein Konto Ende Januar mit Vorlage der Personnummer (im Internet findet man zahlreiche ähnliche Berichte). Wenn man dann einmal ein Konto hat, kann man zumindest schon mal Geld erhalten (Gehalt zum Beispiel!) oder Überweisungen ohne Gebühren (wie von einem € Konto) in SEK tätigen.
Man kann aber z.B. noch keine Pakete empfangen, weil Pakete nicht an die Haustüre, sondern zu einem “Postombud” geliefert werden. Bei uns ist das so eine Art Lottogeschäft ein paar hundert Meter entfernt und um ein Paket auszuhändigen möchte der Herr dort eine schwedische ID-Kort (den schwedischen Personalausweis) sehen. Wenn man einmal eine Personnummer hat, sollte man also direkt eine ID-Kort beantragen. Leider kann man das nicht in Borås machen, sondern wir mussten ca. 1 Stunde nach Jönköping fahren (einmal für mich und einmal für Katharina). Dort wurden wir dann jeweils fotografiert, haben unterschrieben und durften nach 15 Minuten wieder 1 Stunde nach Borås fahren. Immerhin hat es vom Beantragen zum Erhalt der ID-Kort nur eine Woche gedauert und wir konnten sie beim Skatteverket in Borås abholen. Mit der ID-Kort kann man dann also, unter anderem, ohne größere Hürden Pakete erhalten. 👍
Die ID-Kort gibt einem in Verbindung mit einem Konto aber auch Zugang zu einem anderen tollen und essentiellen System: BankID. BankID ist ein System mit dem man sich online identifizieren kann. Es wird bei der Bank eingerichtet und dafür ist die ID-Kort nötig. Wenn man einmal BankID hat, kann man bspw. online Behördengänge erledigen (bspw. Elterngeld beantragen), mittels Swish (eine Art allgegenwärtiges schwedisches PayPal) Bezahlungen tätigen, Verträge (bspw. Versicherungen) abschließen, innerhalb von Minuten ein Konto eröffnen oder sein Auto nach erfolgreicher Registrierung als “aktiv im Straßenverkehr” hinterlegen.
Das Auto in Schweden zu registrieren ist eine Sache für sich.
Hierfür ist das Transportstyrelsen verantwortlich und es gibt dort immerhin einen Leitfaden auf Englisch.
Wenn man einmal in Schweden wohnt hat man soweit ich weiß drei Monate Zeit sein Auto umzumelden (vorausgesetzt die Versicherung in Deutschland bleibt bestehen).
Bei uns lief das Ganze wie folgt:
Wir haben ein gebrauchtes Auto (also importieren keinen Neukauf) und kommen aus einem EU Land, das spart schon gleich ein paar Schritte.
Den wichtigsten Schritt müssen wir aber machen und zwar die “Ursprungskontroll”, bei der überprüft wird ob wir das Auto über legalem Weg erhalten haben (also bspw. nicht gestohlen).
Hierzu füllt man eine Anfrage online aus (Personnummer bereithalten), bezahlt eine Gebühr und schickt dann Kaufvertrag, Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief im Original (!) ein.
Ich habe bestimmt fünf mal nachgesehen ob ich das auch wirklich richtig gelesen habe, aber ja, man muss die deutschen Zulassungspapiere im Original einschicken.
Die werden dann beim Transportstyrelsen archiviert und bei erfolgreicher Ursprungskontroll bekommt man dann schwedische Papiere (wer weiß was bei nicht erfolgreicher Ursprungskontroll passiert 🤔).
Für uns hieß das, dass wir dann ca. 3 Wochen ohne Fahrzeugpapiere rumgefahren sind, einzig den Versicherungsnachweis unserer deutschen Versicherung hätte ich bei einer Kontrolle vorweisen können.
War mir schon etwas unheimlich.
Wenn man die schwedischen Papiere erhalten hat, kann man zur Bilprovning (dem schwedischen TÜV) fahren.
Da wird überprüft ob das registrierte Fahrzeug auch wirklich das Fahrzeug ist, welches sich nun in Schweden befindet und es wird eine technische Überprüfung durchgeführt.
Nach erfolgreicher Prüfung weiß man sofort sein Kennzeichen (welches dem Fahrzeug zugeordnet ist und auch bei einem Halterwechsel erhalten bleibt) und kann damit eine Versicherung abschließen.
Schadensfreie Jahre gibt es bei schwedischen Fahrzeugversicherungen nicht (mehr), dafür wird die Dauer wie lange man seinen Führerschein hat, der Standort des Fahrzeugs und mögliche weitere Versicherungen bei demselben Versicherungsunternehmen eingerechnet.
Hat man mehrere Versicherungen bei demselben Unternehmen, bekommt man teilweise Rabatte von 20%.
Hat man einmal die Versicherung abgeschlossen, kann man die schwedischen Kennzeichen (die man per Post bekommt) montieren und per BankID das Auto als “aktiv im Straßenverkehr” deklarieren.
Wie in Deutschland bekommt man dann noch eine Rechnung für die Steuern zugesendet.
Der ganze Prozess hat bei uns etwa drei Wochen gedauert.
Das war jetzt die Kurzform zu den gröbsten bürokratischen Hürden. Eine weitere Hürde werden wir noch in einem anderen Blogpost beschreiben: das “Lånelöfte”, also das Kreditversprechen der Bank. Ohne Lånelöfte kann man sich zwar schon mal Häuser anschauen gehen, aber bei dem Bietverfahren mitmachen geht ohne nicht. Mittlerweile haben wir auch ein Lånelöfte unserer Bank erhalten, Details dazu gibt es dann wenn wir von der Häusersuche erzählen!
Und jetzt würde ich mich sehr über eure schönsten Geschichten zum Thema ‘bürokratische Hürden’ hören 😃.
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